Briefsteller für Kommentare


Als Briefsteller bezeichnet man ein Buch, das Anleitung zum Briefeschreiben gibt – eine Textgattung, die vor allem im 17. und 18. Jahrhundert gegenüber dem studentischen Publikum Bedeutung gewann und letztlich eine sehr deutsche Produktion wurde. (…)
Das Wort Briefsteller wurde der Gattungsbegriff für die untergegangene Produktion, in der strenge Formalien galten, während in der heutigen Konkurrenzsituation vor allem der Eindruck der (Selbst-)Darstellung zählt.

Werte Gegner,

die Kritik, welche ich immer wieder für meine Veröffentlichungen ernte, hat sich inzwischen weitgehend standardisiert. Beispiele hierfür kann man massenhaft in öffentlichen Foren nachlesen – und ich bin in einer Vielzahl von Artikeln darauf eingegangen.

Seit ich Kommentare nur noch per E-Mail akzeptiere, landen solche Beschwerden auch öfters in meinem Postfach. Ich möchte sie für weitere Autoren als Schreibanregung vorstellen – es würde vielen die Arbeit ersparen, sich eigene Formulierungen auszudenken (die Hervorhebungen stammen von den jeweiligen Schreibern).

Alsdann:

Entscheidend ist, dass in Ihrem Beitrag das skandalöse Wort „Beleidigung“ auftaucht (oder ähnliche Begriffe wie „diffamieren“ oder „denunzieren“):

Das ist nämlich genau Deine Methode, andere Menschen ganz bewusst zu beleidigen: einfach Lügen über sie verbreiten und sie als Deppen hinstellen. Eine Spezialität von Dir.“

„Wie Du siehst, bin ich ja nun nicht der einzige, der Dir schlechtes Benehmen und Beleidigungen attestiert.“

Vertrete doch einfach Deine Meinung OHNE andere in den Dreck zu ziehen!“

„Dass sich Menschen aufgrund Deiner Beiträge beleidigt fühlen, ist Dir vollkommen egal, denn nur Deine Meinung zählt.“

Und: Nicht nur andere werden in meinen Artikeln herabgesetzt. Nein, auch ich selber bin (natürlich grundlos) beleidigt – eine Win-win-Situation:

„GUTE AUTOREN / SCHAUSPIELER / MUSIKER / KOMPONISTEN / KÜNSTLER ALLER ART VERTRAGEN AUCH SCHLECHTE KRITIK. Alle anderen werden sich, so wie Sie, immer beleidigt fühlen.

„Während Herr Riedl sich sehr rasch beleidigt fühlt, weil man seine Meinung nicht teilt, ist er bei anderen nicht so genau.“

Wichtig ist auch, klar den Unterschied zwischen meiner Schreiberei und Satire zu darzulegen:

Die Art und Weise, wie Sie in Ihrem Blog Gruppen von Menschen ins Lächerliche ziehen, missfällt mir. Das hat mit Satire nichts zu tun.“

Nein, das stellt lediglich Intoleranz und Selbstüberhebung dar:

„Und warum zeigst DU null Toleranz zu anderen Ansichten?“

„Und Du lässt keine Gelegenheit aus, zu betonen, wie toll Du selbst bist.“

Erwerben Sie sich die Sympathie von Mitlesern, indem Sie Ihre eigene Schutzlosigkeit beklagen! Selbstredend ist es Ihnen unmöglich, sich gegen meine Anwürfe zu wehren – weder durch Facebook-Kommentare, Briefe, Kleinanzeigen, Anwaltsschreiben noch gar per Eröffnung eines eigenen Blogs:

„Du richtest hier in aller Öffentlichkeit Menschen aus und machst Dich über sie lustig, ohne dass diese sich wehren können.“

„Da Sie mich gesperrt haben und ich keinerlei Möglichkeit habe, auf Ihre Beiträge zu reagieren, ersuche ich Sie höflich, sämtliche Beiträge von mir und jene, die meine Person betreffen, aus Ihrem Blog zu LÖSCHEN. Das betrifft sowohl Text als auch Bild.“
(Anm. d. Verf.: Das „Bild“ war ein öffentlich gestelltes YouTube-Video.)

„Verfasserinnen und Verfasser unliebsamer Kommentare werden einfach zensuriert, als ‚Gegner‘ bezeichnet und – auch noch nach vielen Jahren – ‚ironisiert‘ ins Lächerliche gezogen und diffamiert, ohne dass sie darauf reagieren können. Unterste Schublade eben.

Ja, richtig: Sich über „Zensur“ zu beschweren kommt stets gut an. Wir haben doch Meinungsfreiheit, oder?

„In einem Blog, wo nur eine Meinung akzeptiert wird (Ihre natürlich), Zitate verfälscht werden, massive Zensur ausgeübt wird und die Menschen beleidigt und diskriminiert werden, schreibe ich nicht mehr.“

Dieses Versprechen müssen Sie aber nicht unbedingt einhalten. Vielleicht reizt Sie ja der nächste Blogbeitrag doch wieder zu einem Kommentar:

„Auch das kannst Du gerne veröffentlichen und gleich auch korrigieren und benoten.“

„Ich will nicht haben, dass Sie meinen Beitrag veröffentlichen. Ich wollte Ihnen lediglich meine Ansicht mitteilen.“

Unverzichtbar ist der Vorwurf der Inkompetenz: Der attackierte Autor weiß nicht, wovon er spricht und liefert keinerlei sachliche Begründungen.
   
„Zwar bleibst Du jeden Beweis für Deine Behauptung schuldig, aber ein Riedl braucht nichts beweisen.“ (Anm. d. Verf.: „zu beweisen“ erst recht nichts…)

„Tipp: schreiben Sie doch einfach nur von Dingen, wovon Sie eine Ahnung haben. Von Musik haben Sie einmal keine.“

Wenn man sich über fehlendes Fachwissen und mangelnde musikalische Begabung beschwert, sollte man wohl einmal vor seiner eigenen Türe kehren!“

„Da verdreht Herr Riedl gerne die Tatsachen, um jemanden als Querulanten hinzustellen. So sind halt die Methoden des ach so anständigen Riedl. Oder sind Sie wirklich zu dumm, um den Sachverhalt zu kapieren?“

Ja, richtig: Was man bei mir meist vermisst, ist die gepflegte Wortwahl...

Gerade Zitate bieten Ihnen jede Menge Einspruchs-Optionen: Nennt man die Quelle, diffamiert man den Schreiber persönlich. Nennt man sie rücksichtsvollerweise nicht, bleibt man den Beweis schuldig. Kurze Zitate sind stets „aus dem Zusammenhang gerissen“, längere hingegen machen den Artikel fad und uninteressant.

Selber sollten Sie es jedoch tunlichst vermeiden, für Ihre Werturteile Belege oder Begründungen zu geben. Das zeugt nur von Unsicherheit und könnte zu sachlichen Entgleisungen führen. Eine klar herausgehauene, möglichst entschlossene Meinung genügt vollauf!

„Dafür, dass Dein Blog den Untertitel ‚Gerhard Riedls garantiert unanonymes Blog zum Tango argentino‘ trägt, ist die Anzahl der anonymen Zitate beachtlich hoch.“

„Und der anständige Riedl kann's halt nicht lassen: Da macht er sich über einen Text aus einem anderen Blog lustig und begeilt sich am Schreibstil eines Beitragsschreibers. Da dieser anonym ist, darf der Riedl das ja ohne weiteres tun – er beleidigt ja seiner Ansicht nach niemanden. Dann macht er sich in seinem eigenen Blog über diese Person in Form einer Parodie lustig, denn da hat er die Hoheit darüber, wer was wie kommentieren darf.“

Letztlich läuft es darauf hinaus: Es geht nicht an, die geistigen Produkte, welche andere öffentlich zur Schau stellen, zu zitieren oder gar noch seine eigene Meinung hinzuzufügen.

Aber glücklicherweise stelle ich ja eine Ausnahme dar:

„Gott sei Dank gibt es wenig ‚anständige‘ Menschen à la Riedl im Web!“

Na, da sind wir doch beruhigt…

Foto: www.tangofish.de

Kommentare

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