Liebes Tagebuch… 7



Nachdem mir am selben Ort die gleiche Geschichte nun das zweite Mal passiert ist, muss wohl doch genug dran sein, um sie öffentlich zu erzählen:

Wir haben schon öfters eine Milonga besucht, die in einer Kultur- und Musikkneipe stattfindet – inzwischen allerdings nicht mehr im ziemlich urigen Gastraum, sondern in einem Saal nebenan mit Bauerntheaterbühne und sonstigen rustikalen Insignien.

Die ziemlich lange Anfahrt nutzten wir, um uns eine Tango-CD von Leopoldo Federico anzuhören – diesen Bandoneónspieler wollen wir demnächst einmal als „Special“ auf unserer Wohnzimmer-Milonga vorstellen. Bei der Ankunft unser einhelliges Urteil: Klänge aus der „Champions League“ – unglaublich, mit welcher Virtuosität und Dynamik er auch alte Tangos interpretiert, von Piazzolla ganz zu schweigen!

Mit diesem Sound noch im Ohr gingen wir vom Parkplatz zum Lokal. Schon weit vor der Tür begrüßten uns Bluesrhythmen: Es gab wohl parallel zur Milonga das Livekonzert einer Band.

Das bayerische Nichtrauchergesetz erforderte es, mich noch einige Minuten dieser Musik hinzugeben: Im Gegensatz zu Federico natürlich nicht halb so differenziert. Blues, so erfuhr ich später auf der Website der Band, sei eine zwar einfache, aber nicht simple Musik. Wie wahr – und gar nicht weit vom Tango weg. Kurz vor dem Ausdrücken meiner Zigarette setzte der Gitarrist zu einem fetzigen Solo an. Eine Tangofreundin hätte dazu gesagt: Des groovt wie Drecksau!“ Leider wurde nicht getanzt.

Etwas widerwillig ging ich am Gastraum vorbei und öffnete die Tür des Saals: Einige Tanzpaare holperten zu den bekannt-blechernen Klängen von Ricardo Tanturi umher – ein gefühlter Temperatursturz um dreißig Grad!

Das „anerkannte EdO-Orchester“ spielte, als müsse es das – den Musikern der Band gegenüber hörte man an, dass sie es wollten. O Gott – es zog mich mit Riesenkraft zum Blues: Hatte ich das falsche Hobby gewählt?

Dies soll kein Verriss einer Milonga sein, die wir gerne besuchen – schon deshalb, weil bei ihr auch andere, bessere Musik geboten wird. Ich wollte nur ein Gefühl beschreiben, das sich bei mir nun schon ein zweites Mal an diesem Ort einstellte.

Bei den Bluesfans wird noch mehr gequalmt als beim Tango, daher befand ich mich bei einem weiteren Gang vor die Tür in einer Gruppe von „Non Tango“-Menschen. Moment, das Gegacker und Gekreische vornehmlich weiblicher Wesen kannte ich doch von den Milongas! „I geh jetzt erst amal bieseln“, sprach eines von ihnen, als es mit mir zusammen wieder das Lokal betrat und irrtümlicherweise hinter einer Tür mit der Aufschrift „DAMEN“ verschwand.

Tja, die Musik mag verschieden sein – die Leute aber sind ziemlich gleich!

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