Was ein Tanzlehrer heute anders machen würde

 

Ich möchte heute ein ganz besonderes Video empfehlen, in dem der Tanzlehrer Dado eine Frage stellt, die ich bei einem Vertreter seiner Spezies nie erwartet hätte:

„Was würde ich beim Tanzen heute anders machen, wenn ich nochmal bei Null anfangen müsste nach 23 Jahren Erfahrung (…)?“

Er hat ganze 25 Tipps parat, die ihm „viel Zeit, Frust und unnötige Fehler erspart“ hätten.

Nun muss man ja nicht mit allen diesen Ratschlägen konform gehen (tue ich auch nicht), aber für mich waren jedenfalls viele dabei, über die man zumindest nachdenken sollte! Ich möchte einige herausgreifen:

In seiner Anfängerzeit habe Dado nur „Figuren und Moves“ gelernt und dabei eine essentielle Sache übersehen: Diese Tanzbewegungen beruhten auf allgemeinen „Skills“. Mindestens 80 Prozent der Tanzfähigkeiten entwickle man durch diese grundlegenden Bewegungsabläufe und nicht durch das Einstudieren neuer Figuren. Diese lenkten einen eher ab. Und das Auswendiglernen von speziellen Folgen führe nur zu Stress. Besser sei es, einzelne Bausteine frei zu kombinieren. 70 bis 80 Prozent dessen, was man tanze, sollte aus Basic-Elementen und deren Variationen bestehen, die man stressfrei kombinieren könne – sprich: mit Spaß zu tanzen!

Eine gute Verbindung zum Tanzpartner sei viel wichtiger als spektakuläre Moves!

Ich fürchte, allein diese Gedanken erledigen die Mehrzahl der Kurse oder Workshops, bei denen häufig doch wieder neue „Figuren“ im Mittelpunkt stehen.

Eine ähnliche Erkenntnis kam mir nach einigen Jahren Tango, als wir den Unterricht hinter uns ließen und in einer wöchentlichen Practica einfach Freude am Rumprobieren mit unterschiedlichen Partnern hatten – und natürlich tanzten ohne Ende…

Spektakuläre Abläufe seien sicherlich das Salz in der Suppe – aber halt als Prise. Sonst werde das Tanzen ungenießbar!

Alles Gute und Wichtige beim Tanzen komme vom Boden – so wie ein Baum nur durch seine Wurzeln gedeihen könne. Stichwort: geerdete Aktionen! Wir führten aus den Füßen, die dann den Oberkörper antreiben. Diese machten die Musik, nicht die Arme!

Zuhören ist wichtiger als Reden: Das gelte auch fürs Tanzen! Man müsse aufmerksam auf den Partner achten wie in einem guten Gespräch. Ich fürchte, davon ist man im Tango weit entfernt: Männer hören sich halt lieber reden – ob auf dem Parkett oder im Internet…

Musikalität heiße nicht, jedem einzelnen Effekt hinterherzurennen, sondern Phrasierungen zu erkennen und auch der Partnerin Raum für Impulse zu geben.

Fehler seien die schnellste Form des Lernens, da sie eine sofortige Rückkopplung darstellen. Man müsse lernen, sie positiv zu nutzen.

Seit Jahren schon habe ich beim Tanzen überhaupt keine Angst mehr davor, etwas „falsch“ zu machen. Deshalb amüsiere ich mich stets sehr, wenn werte Gegner ein Tanzvideo von mir niedermachen. Wahrscheinlich wäre es für solche Naturen der Weltuntergang, Fehler vorgeworfen zu kriegen. Solche Ängste projizieren sie auf mich. Mir ist das piepegal – im Gegenteil: Wer nichts falsch macht, lernt auch nichts daraus.

Tanzen sei Kommunikation auf vielen Ebenen – nicht nur die physische sei wichtig. Das kann ich nur bestätigen: Ich kenne Tanzpartnerinnen, die offenbar meine Gedanken lesen können. Manchmal habe ich den Eindruck, ihnen fällt eine Idee ein, bevor sie mir bewusstwird. Dabei muss man einander nicht einmal gut kennen. Dieser geheimnisvolle „Radar“ funktioniert manchmal auch mit Fremden. Völlig rätselhaft!

„Vergleiche dich nicht mit anderen!“ Tanzen sei wie eine Reise – mit jeweils anderem Gepäck und anderen Zielen. Jeder Mensch entscheide, wie wichtig ihm ein Ziel sei und wieviel er dafür investieren wolle.

Wichtig sei auch, was zwischen den Schritten, also während der Gewichtsverlagerung, passiere. Okay, steht schon in meinem Tangobuch...

Und man brauche nicht immer einen Partner, um Paartanz zu trainieren. Leider beginnt beim Tango der Tanz für viele erst dann, wenn sie mit jemandem auf dem Parkett stehen. Dann ist es leider oft zu spät – diese Warnung habe ich schon oft sowie erfolglos ausgesprochen!

Der wichtigste Tipp aber: Männer sollten mehr auf ihre Frauen hören.

Auch da kann ich nur zustimmen: Was ich beim Tango kann, verdanke ich vor allem meinen Tanzpartnerinnen – insbesondere natürlich der besten Ehefrau von allen. Wir Männer können Bewegungen vorschlagen, vielleicht sogar antreiben. „Verkaufen“ muss sie die Tänzerin. Sie zieht die Aufmerksamkeit an sich.

Zu Recht!

Und hier der gesamte Vortrag per Video – knappe 30 Minuten, die ich nur empfehlen kann:

https://www.youtube.com/watch?v=GZHNt_Z81LE

Und der Link zur Tanzschule von Conny und Dado:

https://www.connydado.at/

Kommentare

  1. Lieber Herr Riedl,
    ich möchte zunächst dem Inhalt Ihres Beitrags gerecht werden – und dann Ihrer Rolle als dessen Autor, da es sich ja, wie gewohnt, um Ihren ganz persönlichen Blog handelt.

    Dado stellt also fest, dass Tanz nicht aus einer Abfolge von Figuren besteht, sondern auf grundlegenden „Skills“ basiert. Welch bahnbrechende Erkenntnis! Ich vermute, irgendwo in einem Paralleluniversum brechen gerade alle Ballettschulen in Tränen der Rührung aus. Tatsächlich aber ist diese „Erleuchtung“ so neu wie die Entdeckung, dass Wasser nass ist. Dass Anfänger meist lieber Figuren sammeln wie Panini-Bilder statt sich um solide Basics zu kümmern, ist hinlänglich bekannt – nicht nur jedem Tanzlehrer, sondern auch jedem halbwegs wachen Tanzpaar nach zwei Jahren Tanzpraxis. Und ja, viele Lehrer versuchen durchaus, ihren Eleven genau das beizubringen. Dass das nicht immer auf fruchtbaren Boden fällt, liegt – Überraschung! – nicht zwangsläufig an deren pädagogischem Unvermögen.

    Jetzt aber zu Ihnen, lieber Herr Riedl.

    Dass Sie dieses Video empfehlen, ist... sagen wir: bemerkenswert. Fast so, als würde ein notorischer Technikverweigerer plötzlich mit Begeisterung ein Handbuch für präzises Musikhören und saubere Körperarbeit verteilen. Wenn ich nicht wüsste, dass Sie es ernst meinen, hätte ich es glatt für Satire gehalten.

    Denn ehrlich gesagt: Wer Ihren Blog länger verfolgt, der kennt Ihre Haltung zu Themen wie Technik, Haltung oder musikalischer Präzision – freundlich ausgedrückt: skeptisch. Weniger freundlich: ablehnend bis feindlich. Und nun feiern Sie ein Video, das all das propagiert, was Sie bislang konsequent untergraben haben?

    Das wirkt, mit Verlaub, als hätten Sie Ihre eigene Bloggeschichte entweder vergessen oder sie sich hübsch zurechtgebogen. Und bitte zwingen Sie mich jetzt nicht, einzelne Passagen aus Ihren zahllosen Artikeln zu zitieren – zum einen ist Ihre Blogstruktur dafür schlicht eine Zumutung, zum anderen: Wozu auch? Ihre Leser wissen ja, was Sie meinen. Sagen Sie selbst.

    Also: Ist das jetzt ein Sinneswandel? Ein Selbstwiderspruch? Oder vielleicht nur ein gut getarnter Scherz?

    Wie dem auch sei – wenigstens unterhaltsam ist es. Fast so unterhaltsam wie Ihre Kommentare zu Tanzvideos, in denen Sie anderen das Tanzen erklären wollen, ohne es zu erklären. Nur weiter so – irgendwann tanzt sich das Widersprüchliche vielleicht von selbst heraus.

    Mit leicht ungläubigem, aber herzlichem Gruß,
    Horst Soltau, der jetzt erstmal in Urlaub fährt und Sie in Ruhe lässt.

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    1. Lieber Herr Soltau,
      wenn ich halbwegs ernst zu nehmende Kommentare lese, schaue ich mir zunächst den Artikel an, auf den sich diese beziehen.
      Oft kann ich dann gar nicht glauben, was ich da verfasst habe…
      Aber es stimmt: Tatsächlich habe ich nicht über „Ballettschulen“ geschrieben, sondern über den üblichen Tangounterricht. Würde man Tangoschülerinnen und Schüler eine Stunde Ballettunterricht aufdrücken, würden 99 Prozent schreiend flüchten.
      Und in vielen Tangoschulen werden halt Figuren verkauft, weil das Publikum das so wünscht und man daher damit Geld verdienen kann.
      Ich finde es jedenfalls beeindruckend, dass ein Tanzlehrer sich überhaupt solche Gedanken macht – ohne, dass ich jede einzelne Idee toll finden muss. Ich bin ja kein Ideologe.
      Leider schwenken Sie nach einem Drittel Ihres Kommentars mal wieder auf mich um. Das Video mal in seiner Gänze zu würdigen war Ihnen wohl zu langweilig. Außerdem muss zum Schluss ja herauskommen, dass ich keine Ahnung habe. Da stören lästige Ideen nur.
      Beispielsweise könnte man sich einmal mit den über 30 Artikeln auf meinem Blog beschäftigen, in denen ich Vorschläge mache, wie man tänzerisch weiterkommt:
      https://milongafuehrer.blogspot.com/search/label/Was%20Ihnen%20Ihr%20Tangolehrer%20nicht%20erz%C3%A4hlt
      Das mit dem Link sollten Sie doch hinkriegen!
      Oder mal mein Tangobuch studieren, in dem sich zirka 50 Seiten mit Tango-Technik befassen.
      Vielleicht könnte man dann zu dem Schluss kommen, dass ich überhaupt kein „notorischer Technikverweigerer“ bin – im Gegenteil. Das wäre bei jemandem, der sich über 50 Jahre mit dem Tanzen beschäftigt, schon sehr seltsam. Aber ich bin daran gewöhnt, dass man versucht, dumme Vorurteile festzuklopfen.
      Schon gar nicht „feiere“ ich ein Video oder sonst etwas. Ich biete Ideen an, die ich für interessant halte. Nicht mehr und nicht weniger.
      Wenn Sie zu faul sind, ihre Behauptungen sauber zu belegen, ist das Ihre Sache. Überzeugender werden Ihre Einlassungen so aber nicht.
      Na, wenigstens konnte ich Sie mit meinem Text unterhalten. Das ist ja die Hauptsache.
      Ich wünsche Ihnen einen schönen Urlaub – und lesen Sie auch mal Tangotexte, die Ihnen gefallen!
      Beste Grüße
      Gerhard Riedl

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    2. Lieber Herr Riedl,
      ich habe mich, offen gestanden, schon vor Ihrer Antwort gefragt, wie Sie sich aus den offensichtlichen Widersprüchen Ihrer Argumentation herausmanövrieren würden. Und siehe da – Chapeau! – Sie sind nicht nur Tanz-Blogger, sondern auch ein ausgewachsener Illusionist auf dem Feld der rhetorischen Entfesselungskunst. Ein intellektueller Houdini, der es schafft, mit einem Fingerzeig auf sein eigenes Werk sämtliche Kritik zu verdampfen wie ein schlechter Nebeleffekt auf einer leergetanzten Milonga.

      Dass Sie meinen Vergleich mit dem Ballett entweder nicht verstanden haben oder nicht verstehen wollten, überrascht mich wenig – denn differenzierte Argumente scheinen bei Ihnen oft an einem Reflexfilter zu scheitern, der Kritik grundsätzlich als Majestätsbeleidigung auffasst. Dabei ging es, wie im Video selbst, um soziale (Paar)-Tänze im Allgemeinen – nicht um Tango im Besonderen. Das Wort „Tango“ fällt im Video übrigens kein einziges Mal – aber warum auf Inhalte achten, wenn man stattdessen lieber auf altvertraute Tangopfade ausweichen kann?

      Noch hübscher aber ist Ihr Verweis auf Ihr „Tangobuch“ – und Ihre implizite Erwartung, ich solle mich, trotz fundierter jahrzehntelanger Berufspraxis als Bühnentänzer, bitte einmal in Ihre Blogtexte und Eigenverlage vertiefen. Verzeihen Sie – aber die Vorstellung, ich könnte ausgerechnet bei Ihnen noch Tanztechnik lernen, hat etwas rührend Absurdes. Als würde ein Hobbykoch dem Sternekoch das Würzen erklären wollen – mit Verweis auf seine private Rezeptsammlung auf Blogspot.

      Sie schreiben, es sei „seltsam“, Sie für einen Technikverweigerer zu halten. Nun, was wirklich seltsam ist, ist Ihr ständiger Spagat zwischen demonstrativer Ahnungslosigkeit in technischen Fragen und gelegentlichem Rückgriff auf angeblich „50 Jahre Tanzerfahrung“, um sich dann doch wieder in allgemeinen Kulturbetrachtungen und Anekdotensammlungen zu verlieren. Wäre Ihre tänzerische Substanz so solide wie Ihre Selbstgewissheit, würden sich vermutlich auch deutlich mehr ernstzunehmende Tänzer auf Ihre Inhalte beziehen.

      Ich habe kein Interesse, Ihr Werk zu „widerlegen“. Das wäre wie ein Architekturkritiker, der sich mit den Bauplänen eines Sandkastens beschäftigen soll. Und dass Sie mit Kritik nicht umgehen können, machen Sie ja regelmäßig deutlich – indem Sie nicht auf Argumente eingehen, sondern deren Autoren pauschal als „voreingenommen“, „faul“ oder „ideologisch“ abqualifizieren.

      Sie wünschen mir zum Abschluss Urlaub und nette Tangotexte. Danke dafür – aber ich bin schon im Urlaub: geistig, jedes Mal, wenn ich Ihre Selbstbespiegelungen lese. Und Texte über Tango, die mir gefallen, finde ich reichlich – aber leider nie auf Ihrer Seite. Ein Kollege von Ihnen hat da übrigens wesentlich mehr Substanz, aber das sagen Sie ja selbst.

      Mit tänzerisch leichtem Gruß,
      [Ihr „fauler“, „ideologischer“ und offensichtlich zu belesener Kritiker]
      Horst Soltau

      P.S.: Schreibe hier übrigens privat, – also googeln zwecklos, weil ich einen Künstlernamen habe, den ich eigentlich heraushalten möchte.

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    3. Lieber Herr Soltau,
      dass Sie Ihren Künstlernamen lieber verschweigen, kann ich gut verstehen.
      Ich lasse Ihren Kommentar einfach so stehen, obwohl er sich immer weiter vom Thema entfernt.
      Allerdings rate ich Ihnen: Machen Sie Urlaub, fahren Sie runter und atmen Sie mal tief durch. Und lesen Sie Beiträge meiner Blogger-Kollegen. Die freuen sich über sicherlich begeisterte Kommentare.
      Sollten Sie sich aber immer weiter auf Herabsetzungen meiner Person verlegen, schreiben Sie demnächst fürs Spam-Archiv.
      Beste Grüße
      Gerhard Riedl

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