So wird das nix


Ich weiß, dass ich zu diesem Thema immer wieder mal schreibe, aber das macht nichts. Seit dem 3.4.15 habe ich monatlich mindestens eine Playlist veröffentlicht und (auch längst vorher) dafür getrommelt, modernen Tangoensembles auf den Milongas eine Chance zu geben. Seit einiger Zeit nun scheint dies immerhin bei einer Mehrzahl der Veranstalter und DJs anzukommen. Und die Musik Piazzollas ist nicht mehr untanzbar, nur noch schwierig zu tanzen…

Daher bin ich auch überzeugt, auf einem anderen Gebiet, das mir ebenso am Herzen liegt, den Durchbruch zu erzielen: der unglaublichen Passivität vieler Tänzerinnen. Notfalls schreibe ich dazu noch einige Dutzend Texte!

Vor einiger Zeit war ich Gast auf einer Milonga, auf der nun wahrlich keinerlei repressive Código-Sitten herrschen: Besucher und Musikgeschmack sind eher bunt, die Atmosphäre leger.

Da ich an diesem Abend gesundheitlich nicht ganz auf der Höhe war und es mir auch gereicht hätte, mit der besten Ehefrau von allen ein wenig zu tanzen, blieb mir viel Zeit zum Beobachten. Dazu kam: Es herrschte – gerade in der Anfangsphase – ein ziemlich heftiger Männermangel.

Wie reagierten nun die lange unbetanzten Frauen? „Sitzen und gucken“ wäre schon übertrieben formuliert – nein, sie schauten nicht mal – jedenfalls nicht dahin, wo die Musik im Tango spielt: zu den gerade unbeschäftigten Tänzern.

Obwohl ich ein wenig schwächelte, versuchte ich dennoch, die eine oder andere Tanguera mit Blicken zu verfolgen und einen günstigen Moment zur Aufforderung zu finden. Man will ja nicht im unpassendsten Augenblick fragen!

Da auch die Räumlichkeiten dort ein wenig unübersichtlich sind, geriet dies zur Teilnahme an einem Versteckspiel. Wie mir in den nächsten drei Stunden klar wurde, ist es unglaublich, was Frauen auf einer Tangoveranstaltung alles treiben, um einem durchaus gutwilligen Tanguero aus den Augen zu geraten: Manche hält es keine drei Minuten auf ihrem Stühlchen – und schon gar nicht allein. Ständig werden Plätze und Gesprächspartnerinnen gewechselt, ebenso braucht man offenbar jede Viertelstunde ein neues Getränk und muss schon daher pro Stunde einmal aufs Klo. Gerne wechselt man auch die Schuhe, von denen man anscheinend mehrere Paare mit sich führt: die sexy Highheels, die nach einiger Zeit schon im Sitzen schmerzen, die bequemeren und vielleicht noch die, welche sich eher zum Führen oder gar Neotango eignen…

Meine Damen, der Tanguero ist ein Schleichjäger (siehe Katzen), kein Hetzjäger (wie der Wolf). Seine Lieblingsbeute verharrt allein und ruhig am Platz, auf dass er sich langsam und gezielt nähern (oder von mir aus einen Cabeceo probieren) kann – und nicht ständig durch das ganze Lokal hinter ihr herrennen muss!

Was ich noch schlimmer fand: Dem Treiben auf der Tanzfläche und den gerade nicht tanzenden Männern schenkte man teilweise kaum einen Blick. Dies ist übrigens meine Hauptbeschäftigung, wenn ich auf einer Milonga ankomme: Wer ist alles da, wie tanzen mir noch unbekannte Frauen, wer begrüßt mich oder sucht einen Blickkontakt mit mir? Bereits nach kurzer Zeit füllt sich mein mentales Notizbuch mit prospektiven Tanzpartnerinnen, die ich gerne einmal auffordern würde – wenn sie es denn zuließen…

Ich bin zwar gerne bereit, den Tipp meiner Gattin zu bedenken: „Frauen bemerken durchaus Dinge, obwohl sie nicht hinzusehen scheinen!“ Aber das kommt dann halt nicht bei mir an. Und natürlich respektiere ich es, wenn andere Motive für den Milongabesuch überwiegen: Sehen, gesehen werden, plaudern… was auch immer.

Die schienen jedoch an diesem Abend nicht ausschlaggebend zu sein: Nach einiger Zeit bemerkte ich den Abmarsch von zirka einem Dutzend Tänzerinnen – der Frust war ihnen teilweise deutlich anzumerken. Wahrscheinlich setzten sie sich zu Hause an den Computer und verfassten auf Facebook ein langes Lamento über die arroganten Typen, die sie mal wieder sitzen ließen… (Übrigens habe ich diese Kombination einmal live erlebt – und mir war im Nachhinein klar, wieso die betreffende Dame kaum Tänzer fand).

Nein, meine Damen: Um tanzen zu können, reicht es nicht, wie weiland die Burgfräuleins strickend am Fenster ihrer Kemenate zu sitzen und auf den güldenen Ritter auf seinem schneeweißen Zossen zu warten. Selbst ist die Frau! Ein Blick, ein Lächeln, ein Smalltalk können viel bewirken – und wenn gar nichts hilft, geht man einfach zu dem Typen hin und fragt ihn, ob er tanzen möchte. Oder man fordert eine Frau auf. All das habe ich an diesem Abend kaum erlebt.

Dafür aber ein sehr positives Beispiel: Als ich mich (innerlich fluchend) auf die Suche nach einer wieder mal im Nirwana entschwundenen Tanguera machte, stellte sich mir eine Tangobekannte in den Weg; „Ich wollte eigentlich gerade zu dir, um dich zu fragen, ob wir mal tanzen können!“ Na, geht doch!

Und keine Sorge, wenn man bei den Kolleginnen in den Ruf gerät, ihnen die Männer wegzuschnappen! Damit müssen wir Männer uns ebenso herumschlagen.

Ein anderes, noch tolleres Erlebnis mit einer mir völlig unbekannten Tänzerin hatte ich auf einer anderen Veranstaltung: Nach einer heftigen Milonga-Runde wollte ich eigentlich eine Tanda aussetzen und stellte mich, da unser Platz gerade belegt war, an den Rand des Parketts. Was ich in dem Moment erst bemerkte: Zwei Meter neben mir stand eine Tanguera – sie sah begeistert aufs Parkett und wippte leicht mit den Füßen. Offenbar gefiel ihr die gerade einsetzende moderne Tangomusik.

Okay, das laufende Stück wollte ich noch pausieren, aber dann… Da wurde unser Platz frei, und ich setzte mich zum Ausruhen kurz hin. Nach zirka drei Sekunden saß sie – wortlos und ohne mich anzuschauen – neben mir. Das Signal war derartig deutlich, dass ich auf mein Ruhebedürfnis verzichtete und sie sofort aufforderte.

An die Tangos mit dieser Frau werde ich noch lange denken: Sie ist eine hervorragende Tänzerin – und die Stärke ihrer Persönlichkeit auf dem Parkett war durchaus vergleichbar mit der Entschlossenheit, mir einen Tanz anzubieten. Kein Zweifel: Diese Tanguera wusste, was sie wollte. Zwischen zwei Stücken erfuhr ich, sie kommen von Weither und kenne niemanden – da sei es mit dem Auffordern nicht so ganz einfach…

Sollte sie diesen Text lesen: großes Kompliment – alles richtig gemacht! Ob sie einen Artikel kennt, auf den ich im Blog schon einmal hingewiesen habe? Wohl nicht – sie hat aber die Tipps darin weitgehend befolgt!

Ich empfehle den Text daher – statt dem Jammern auf Facebook und anderswo – auch allen anderen Tangueras, die gefühlt zu oft herumsitzen. Und ja – gut Tanzen lernen wäre ich nicht verkehrt.

Sonst wird das nix…

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