Terminen-Felder: Betreten auf eigene Gefahr!
O heiliger Gardel, warum
muss es eigentlich immer mich treffen? Ich veranstalte schon lange keine
Milongas mehr, lege nur ganz selten mal irgendwo auf, und an den paar Buchlesungen
im Jahr kann es doch nicht liegen!
Es geht ja auch fast immer
gut, solange meine Termine sich auf weit entfernte Territorien wie
Nordrhein-Westfalen, Sachsen oder gar Mäcpomm beziehen. Aber sobald ich mich –
selbst ohne Propheten-Attitüde – ins eigene Land begebe, passiert meist das
Folgende: Obwohl meine Veranstaltung schon wochen- oder monatelang angekündigt
ist, beschließen gewisse Organisatoren kurzfristig sowie spontan, dass es
nunmehr längst an der Zeit sei, wieder einmal einen Tangoabend anzusetzen –
natürlich gerne am gleichen Tag oder jedenfalls Wochenende!
Schon als wir dereinst in
der trostlosen, weil beinahe tangofreien Provinz unsere monatliche Milonga aus
der Taufe hoben, bescherte uns dies alsbald die Bekanntschaft mit den
einschlägigen Paten: Obwohl ansonsten flächendeckend nix los war, mussten
gewisse Raumverdränger ihre höchst sporadischen Dielen-Nahkämpfe möglichst
dicht an unsere Termine rücken. Da half es auch nichts, dass wir anfangs alle
in Frage kommenden Veranstalter anschrieben und ihnen eine Kooperation hinsichtlich
gleichmäßiger Auffüllung des Kalenders anboten. Eine Zusammenarbeit gelang mit
wenigen, die häufigere Kommunikation bestand aus Terminkollisionen.
Irgendwie drängte sich uns
der Verdacht auf, ein solches Tun könne weniger auf autistische Dämlichkeit,
sondern doch mehr auf Konkurrenzgehabe zurückzuführen sein (obwohl es im
Ergebnis wurst ist). Vielleicht bereitet ja das Hahnenkampf-Spiel umso mehr Freude,
wenn man dann im direkten Vergleich sieht, wie das Duell „FC Ocho versus VfB
Sacada“ hinsichtlich des Fanaufkommens ausgeht. Wahrlich, die Türen zu manchen
Tanzsälen müssen schon deshalb weit sein, damit diverse Räder sie ungeknickt
passieren können… Schlimmstenfalls kann man den verehrten Gegner noch mit dem
bewährten „Schuhverkauf-Workshop-Showtanzpaar“-Gedudel abschmieren lassen, wohl
wissend, dass er solche Stilmittel nicht einsetzt.
Nun ist es klar, dass man
bei diesem Thema in großen Städten nicht zimperlich sein darf, da sich die
dortige, umfangreichere Szene auf fünf und mehr Veranstaltungen pro Tag
irgendwie verteilt. Doch die erdrückende Mehrheit dieser Population käme eh nie
auf die Idee, einen Provinztango zu besuchen – schon weil man ihn weder per
U-Bahn noch per Fahrrad erreichen kann. Insofern erscheint mir die Furcht eines
etablierten DJs, solche Events könnten die „gültigen Milongas“ in den
Metropolen Gäste kosten, eher überängstlich. Dass diese Argumentation von
Regionalgouverneuren des Tango freudig in der Weise variiert wird, der Rivale
biete eine „problematische“, sicher nicht für Anfänger geeignete Beschallung,
ist eine andere Sache…
Einigen Trost spendet die
Betrachtung der professionellen Aktivitäten etablierter Organisatoren: Nun gut,
Verschiebungen oder Absagen von Terminen können ja mal (oder öfters) vorkommen.
Besonderes Vergnügen bereiten mir aber unter anderem die so genannten „stillen
Feiertage“. Selbst bei Veranstaltern, die des Deutschen mächtig sind, will es
sich oft genug nicht im Langzeitgedächtnis festsetzen, dass beispielsweise
karfreitags oder volkstrauertags hierzulande seit Menschengedenken ein striktes
Tanzverbot gilt. Lustigerweise kann man dennoch im jährlichen Turnus beobachten,
dass an solchen Tagen unverdrossen Tangoevents angeboten werden, bis endlich in
den letzten 48 Stunden schrittweise die Streichungen erfolgen. Manche Termine bleiben
aber bis zum Schluss erhalten. Interessant wäre es für mich, ob man dann die
Besucher vor der Tür stehen oder tanzen lässt, bis die Polizei kommt…
Der Gerechtigkeit halber
muss man jedoch einräumen, dass die Verlässlichkeit deutscher Tangoveranstalter
bestimmt größer ist als die der Deutschen Bahn AG. Ankündigungen wie „Dieser
Zug hält nicht überall“ könnten Erstere vielleicht dazu motivieren, ihre
Terminpläne noch buddhistischer zu gestalten. Und außerdem sollten wir momentan
alle über das Wetter reden! Na gut, ein paar Fahrgäste werden schon bei mir
einsteigen – und vielleicht schneit es am Nikolaustag ja eh…
Werbung: In ihrem
„Illustrierten Tangokalender 2014“ bietet Manuela Bößel nicht nur Abbildungen
aus meinem neuen Tangobuch, sondern auch ein Kalendarium mit genauer (sogar
nach Bundesländern differenzierter) Kennzeichnung aller Feiertage mit
Tanzverbot: siehe www.tangofish.de
Beispiel: Die Kronthalers hatten eine Milonga am Sonntag früher Abend. Da kommt Fabian und macht das Gleiche - die Kronthalers sperren zu. Susanne und Matthias machen eine Milonga am frühen Abend ("Ellington"), im Schlachthof bleiben die Besucher weg. Und mir ist es ja auch passiert: Als Marina von der Seidlvilla erfuhr, machte sie zur gleichen Zeit das Gleiche, sodass wir zusperren mussten. Das nennt sich freier Wettbewerb, oder liberaler Kapitalismus, oder wie auch immer.
AntwortenLöschenOder kapitaler Liberalismus... Vielleicht können Tangotänzer halt maximal (wenn überhaupt) auf eine Person eingehen, bei mehreren versagt's dann endgültig!
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