Einen Tanz ablehnen?

Ich lese im Internet gerne Veröffentlichungen, in denen es ums Tanzen geht – aber nicht speziell um den Tango argentino. Solche Texte sind oft sehr lebenspraktisch und vor allem: meist völlig unideologisch.

Das gilt auch für den Artikel: „Darfman einen Tanz ablehnen, und wenn ja – wie?“

Sympathisch, wenn auch beim Tango etwas unrealistisch, fand ich schon die Einleitung: Wir alle würden ja zum Spaß“ tanzen. Ein entscheidender Faktor sei auch, wie wir miteinander umgehen. Wenn dieser Part misslinge, helfe auch die beste Musik nichts mehr!

„Die Leute werden vergessen, was du gesagt hast. Sie werden vergessen, was du getan hast. Aber sie werden nie vergessen, wie du sie behandelt hast!“  

Als Beispiel beschreiben die Autoren eine übliche Situation: Eine hübsche, gute Tänzerin steht an der Bar und hofft auf einen tollen Tanz. Ein unerfahrener Tänzer fasst nach längerem Zögern endlich den Mut, die Dame zögernd aufzufordern.  

Es werden nun drei mögliche Szenarien beschrieben:

A.    Die Angesprochene sagt schlichtweg „Nein, danke“, da sie nicht glaubt, dass der Betreffende ihr den Tanz bieten kann, den sie sich erhofft. Da dies schon der dritte Korb an diesem Abend ist, geht der Mann tief enttäuscht nach Hause und sucht sich ein anderes Hobby.

B.    Die Dame antwortet lächelnd: „An sich gerne, aber ich muss echt eine Pause machen und etwas trinken. Ein wenig später aber dann!“ Es kommt an dem Abend nicht mehr dazu, aber unser Tänzer trifft wenig später eine alte Bekannte, die auch gerade einen Anfängerkurs macht und mit ihm aufs Parkett geht. Der Abend ist gerettet!

C.    Die Dame antwortet lächelnd: „An sich gerne, aber ich muss echt eine Pause machen und etwas trinken. Ein wenig später aber dann!“ Tatsächlich winkt sie ihm einige Zeit später zu – der Tanz wird zwar nicht toll, aber beide tun ihr Bestes. Der Anfänger ist hoch motiviert und beschließt, weiter tanzen zu lernen, damit er noch mehr Erlebnisse dieser Art hat.

Klar, und das wird auch im Text zugegeben, sind das drei synthetische Beispiele. Aber ich glaube, jeder und jede von uns hat Ähnliches schon erlebt.

Sicherlich, so die Meinung der Autoren, darf man einen Tanz ablehnen. Man müsse „auf der Tanzfläche nichts aus purer Höflichkeit und gegen seinen Willen tun.“ Ich füge hinzu: Es mag gute Gründe geben, mit einer bestimmten Person nicht das Parkett zu teilen. Beispielsweise, wenn sie sich dominant oder sogar übergriffig gebärdet.

Aber – und diese Feststellung finde ich wichtig: „Versuchen wir doch unsere Umgebung wie Menschen und nicht wie Objekte zu behandeln.“

Ich füge hinzu: Es gibt auch im Tango keine „Fortbildungs-Verpflichtung“. Es reicht, wenn mein Gegenüber halbwegs angenehm tanzt – das kann oft mehr Spaß machen als das Rumgeturne mit jemandem, der gerade für die Tango-Weltmeisterschaft übt – oder es zumindest meint…

Und man erwirbt beim Milonga-Eintritt keinen „Glücks-Bon“, den man auf dem Parkett einlösen kann.

Worauf die Autoren ebenfalls zu Recht hinweisen: Jemand, der zu Beginn gute Erfahrungen gemacht hat, wird diese später meist weitergeben, indem er sich nicht hochnäsig gegenüber Beginnern verhält.

Ich glaube, man könnte im Tango viel ändern, indem man miteinander spricht. Und das ist für mich einer der Nachteile des Cabeceo: Wenn jemand meinen Blicken ausweicht (oder es jedenfalls so scheint), kann ich über die Botschaft nur rätseln: Bedeutet das eine generelle Ablehnung, heißt das lediglich „im Moment nicht“ oder hat man meinen Blick einfach nicht bemerkt? Daher bleibe ich bei meiner Haltung: Der Cabeceo dient in der Praxis vor allem dazu, Tänze zu verhindern!

Mir fällt kein besserer Schlusssatz ein als den beiden Autoren:

„Wir schöpfen viel Kraft und Lebensinspiration aus dem Tanz. Deshalb sollten wir auch etwas zurückgeben; zurück ins Tanzuniversum. So wird die Welt ein besserer Ort… oder zumindest die Tanzflächen dieser Welt. Das ist schon mal ein guter Anfang.“   

Quelle: https://www.tanzen-magazin.de/darf-man-einen-tanz-ablehnen-und-wenn-ja-wie/

P.S. Lassen wir die Autoren noch einen coolen Swing tanzen – in Memoriam Benny Goodman:

https://www.youtube.com/watch?v=9FuQT2tXyWk

Kommentare

  1. Nein, es müsste nach Deiner Erfahrung heißen: Der Cabeceo dient in der Praxis vor allem dazu, Tänze mit Gerhard Riedl zu verhindern!

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    1. Ich fürchte, dann funktioniert er nur sehr schlecht...

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